Kaiseroma vom Kirchberg

Südwest Presse Tübingen

Donnerstag 11.September 2008

Von

Mario Beisswenger

Jürgen Parchem (links) und Roland Fakler haben sich schon früher um die Reustener Geschichte verdient gemacht. Hier sind sie neben einem restaurierten Grenzstein zu sehen. Archivbild: Faden

 

Roland Fakler und Jürgen Parchem schreiben Reustener Geschichtsbuch

Bislang gab es die Dorfgeschichte von Reusten nur als geheftete Broschüre. 2001 hatte Roland Fakler „Reusten und seine Geschichte“ auf wenigen Seiten zusammengetragen. Nun hat er alles zusammen mit Jürgen Parchem überarbeitet, erweitert und mit Karten ergänzt und daraus ein 136 Seiten starkes Taschenbuch gemacht.

Reusten. Es soll für den freischaffenden Künstler ein Abschluss seiner geschichtsforschenden Arbeit sein. Draußen in der Landschaft sind die Ergebnisse auf Infotafeln in geraffter Form zu lesen, an der Betteleiche am Hartwald zum Beispiel oder bei der früheren Burg Kräheneck auf dem Kirchberg. Im Buch steht das Ganze ausführlicher und es steht dort deutlich mehr. Faklers Streifzug durch die Ortshistorie beginnt beim Ortswappen, das auch den Umschlag schmückt, und endet mit der Liste der Schultheißen, Bürgermeister und Ortsvorsteher/innen.

Die Kapitel sind reich illustriert. Entweder mit historischen Aufnahmen, modernen Fotos, selbstgezeichneten Karten und Faklers künstlerischen Rekonstruktion etwa einer Szene aus der Sommergasse um 1900. Leider ist die technische Qualität der Fotos nicht immer besonders gut. Dafür erklären Kreuze und Pfeile genau, wo etwa das alte Schulhaus stand oder in welchen Gebäuden früher Wirtschaften waren. Bei den Rekonstruktions-Zeichnungen – sehr schön zum Beispiel die Grenzsteine aus verschiedenen Jahrhunderten – nimmt sich Fakler auch mal künstlerische Freiheit. Bei der Burg Kräheneck, die im 11. und 12. Jahrhundert über Reusten thronte, malt Fakler eine Mauer, für die es keine Ausgrabungsbelege gibt, die „uns aber notwendig erscheint“.

Fakler ist aber immer so fair und sagt dazu, was er aus historischen Quellen belegen kann, was seine eigene Schlussfolgerung ist oder was gar ganz den „wunderbaren Geschichten“ zuzurechnen ist, wie der, dass die Großmutter von Stauferkaiser Friedrich Barbarossa auf Kräheneck zur Welt kam. Neben solchen sagenhaften Geschichten haben Fakler und Parchem auch etliche Entdeckungen in den Archiven gemacht, wo über Raufereien im Ort oder versoffene Uhrmacher berichtet wird.

Fakler benutzt zwar gern die Worte heil und idyllisch, wenn er über Reusten erzählt, aber er zwingt die Idylle nicht durch Weglassen herbei. Eines der erschütterndsten Bilder im Buch ist ein Klassenfoto aus dem Jahr 1930. Vermerkt ist darauf neben den Namen der Abgebildeten auch, wer im Zweiten Weltkrieg starb oder verwundet wurde.

„Reusten und seine Geschichte“ ist kein wissenschaftliches Werk. Das ist aber auch der große Vorteil des Buches. Es macht Spaß, darin zu blättern; es ist keine überfrachtete Ortschronik von vielen hundert Seiten. Die vorgeschichtlichen Siedler bekommen gerade zwei informative Seiten und nicht ein langatmiges Kapitel.

Statt vieler historischer Details gibt das Buch handfest Auskunft. So wird der Standort der früheren Müllkippe im Ort benannt, die Besucher der Kelterkirche im Ort können sich aber auch die dort abgebildeten Apostel samt ihren Kennzeichen erklären lassen.

Die Tabelle mit Auswanderern aus dem Dorf oder der Überblick über die Flurnamen lädt zum Nachschlagen ein. Für Reustener und alle, die sich für Reusten interessieren, ist es ein hübsches Buch, das sie unbedingt lesen sollten.

Info

„Reusten und seine Geschichte“ von Roland Fakler, Verlag Books on Demand, 136 Seiten, 14 Euro.

Bei Fakler für 12 Euro. Ansichtsexemplar liegt im Bergcafe.